Lebenswege

„Ich bin Chiara. Ich bin eine New Local.” 

„Ich bin Lara. Auch ich bin eine New Local.“


So stellen sich Lara Ricci und Chiara Zilioli, Studenten der Fakultät Design der Freien Universität Bozen und Autoren des Projektes „New L(OCA)L?“, vor. Sie erzählen uns, wer diese „New Locals“ sind und wieso sie beschlossen haben, diese in ihrer Kunst zum Thema zu machen. 

Wer ist eine New Local? 
Eine New Local ist eine Person, die nicht in Bozen geboren ist, aber aus unterschiedlichsten Gründen dort lebt. New Locals sind Personen, die wie wir, nach Bozen gezogen sind, um zu studieren oder zu arbeiten. Einige sind hier wegen der Liebe, andere weil sie auf der Suche nach einem besseren Leben sind. 

Wie ist euer Spiel „New L(OCA)L“ entstanden? 

Die Idee zum Spiel entstand innerhalb eines Universitätsprojektes. Unser Professor hat uns dieses Thema zugewiesen. Es stand jedem Studenten frei, auf welche Weise er die Thematik aufarbeiten wollte. Wir haben beschlossen, ein Spiel zu entwickeln, das den Personen die Möglichkeit gibt, diesem schwierigen und heiklen Thema mit einem Hauch Heiterkeit und Spaß zu begegnen.           

Wieso habt ihr gerade das „Gänsespiel” ausgesucht, um diese Thematik zu vertiefen?                            
Wir haben entschieden, dieses Spiel zu nehmen, weil man dabei einen Weg beschreitet, der als Metapher für die „Reise“ der New Locals steht, wenn sie nach Bozen kommen und versuchen sich hier einzuleben. Zum anderen ist die Gans ein Tier, das wandert. Es ist somit perfekt um das Konzept der New Locals darzustellen. Das Spiel ermöglicht zudem, sich in die Lage der New Locals und in die Situationen, die sie täglich in Bozen erleben, hineinzuversetzen. Jedes Spielfeld erzählt eine Geschichte, einen Aspekt ihres Lebens in der Landeshauptstadt. So zum Beispiel haben wir ein Feld zum Thema Zweisprachigkeit gestaltet. Während dem Spielen kann man selbst erfahren, wie man sich fühlt, wenn man nicht kommunizieren kann, weil man weder italienisch noch deutsch spricht. Wir glauben, dass diese Erfahrungen ein Anreiz sind, Thematiken, die wir manchmal ignorieren, zu vertiefen. Sich den Lebensgeschichten der New Locals zu nähern, hilft dabei die Menschen, die aus verschiedenen Kulturen, Regionen und Staaten stammen, besser zu verstehen.  

Woher stammen die Informationen für die Realisierung dieses Spieles? 
Zuerst haben wir im Internet recherchiert. Wir haben Daten, Statistiken und Gesetze gefunden, die uns geholfen haben die Thematik der New Locals zu vertiefen. Bald ist uns aber bewusst geworden, dass Nummern nicht ausreichen, weil sie das, was wir mitteilen wollten, nicht vermitteln können. Deswegen haben wir beschlossen, uns mit einigen „New Locals“ zu treffen und uns ihre Geschichten und Erfahrungen erzählen zu lassen. Mit den Menschen zu sprechen, die jeden Tag als New Locals in Bozen leben, war entscheidend für die Realisierung des Spieles. 

Im Spiel gibt es schwarze Felder. Passiert etwas Schlimmes, wenn man auf diesen landet?
Auf keinen Fall! Sobald man in einer neuen Stadt lebt, ergeben sich viele negative Aspekte, wie zum Beispiel das Fehlen von Freunden oder Sprachschwierigkeiten. Ein New Local zu sein bedeutet aber auch sehr viele positive Dinge zu erleben. Die schwarzen Felder, auch „Gänsefelder“ genannt, helfen dir dabei vorwärts zukommen: Sie ermöglichen dir, noch einmal zu würfeln. Sie geben dir eine neue Chance. Im schwarz haben wir die Möglichkeit eines Neubeginnes gesehen. Wir sehen nicht nur die negativen Seiten, wir sind optimistisch. 

Auch ihr seid New Locals. Welches Feld spricht euch am meisten an?

Lara: Mir gefällt das „Skelett-Feld”. Es wird oft gleich negativ interpretiert und mit dem Tod in Verbindung gebracht. Ich allerdings denke, dass das Ende einer Sache nicht unbedingt schlecht sein muss. Es könnte auf einen Neuanfang hinweisen, die Möglichkeit zu neuem Leben. Wenn man auf diesem Feld landet, muss man in der Tat zum Anfangsfeld zurückkehren, dennoch hat man die Möglichkeit noch einmal zu würfeln. Wiederanzufangen bedeutet nicht verloren zu haben, sondern eine zweite Chance zu bekommen.  


Chiara: Es gibt viele Felder, in denen ich mich wiedererkenne. Zum Beispiel das „Brücken-Feld“: Für mich ist die Universität eine Brücke, weil sie mich mit der Stadt verbindet. Ohne der Universität wäre ich nie in Bozen gelandet. Sie ist das, was mich an diesen Ort bindet. Mir gefällt auch sehr das „Alpaka-Feld“: Auch Alpakas sind New Locals, weil sie von weit her kommen. Aber hier in Südtirol geht es ihnen hervorragend, sie sind in ihrer idealen Klimazone. Und das gilt auch für mich!

Was ist für euch Erinnerung?

Lara: Ich verbinde Erinnerung mit persönlichen Erfahrungen. Die New Locals, mit denen wir gesprochen haben, haben aus den eigenen Erinnerungen geschöpft und ihre Lebenserfahrungen hervorgeholt. Für mich hängt das äußerst mit dem persönlichen Gedächtnis zusammen. „New L(OCA)l?” bietet die Möglichkeit, sich zu erinnern woher wir kommen und wo wir gelandet sind, um darüber nachzudenken wo wir im Augenblick sind und um zu verstehen wohin wir gerade gehen. 


Chiara: Meiner Meinung nach ist “New L(OCA)l?” eine Abbildung von dem, was zurzeit passiert und von den sozialen Veränderungen, die in den vergangen Jahren in Bozen stattgefunden haben. Das Spiel gibt ein Stück Stadtgeschichte wieder.  
 

Was ist für euch die Seele?

Lara: Für mich ist die Seele an die Identität und an den Lebenserfahrungen gebunden. ”New L(OCA)l?” hat zwei Seelen: Jene der Menschen, die mit ihren Erzählungen an der Verwirklichung des Spieles beigetragen haben und jene der Stadt Bozen. 


Chiara:
Ich interpretiere die Seele als eine Reise. Unser Spiel ist eine Metapher für den Lebensweg, den Lebensweg vieler Menschen.